Geschichten des Wandels: In der Region ankommen

In dieser Rubrik stellen wir euch Menschen und deren Geschichten vor, die rund um das Projekt in die Region gekommen sind und hier Wurzeln schlagen. Im ersten Interview spricht Anja mit Michael, 42 Jahre alt, der mit seiner Familie und acht weiteren Menschen auf einem Hof wohnt und gerade ein weiteres Projekt aufbaut. Seit drei Jahren ist er in der Region und ist gekommen, um zu bleiben – und damit Teil eines Netzwerks aus Orten und Gemeinschaften, die rund um Wir bauen Zukunft entstanden sind.

Was hat euch dazu bewegt, in die Nähe von Wir bauen Zukunft zu ziehen?

Meine Partnerin Caro und ich lebten fast zehn Jahre in Hamburg und merkten irgendwann, dass uns das Stadtleben nicht mehr erfüllt. Wir fühlten uns draußen in der Natur immer wohler und verbrachten viel Zeit unterwegs – sei es im Wald, am See oder am Meer. Irgendwann war klar, dass wir auf dem Land leben wollten. Caro nahm sich ein Jahr Auszeit, um alternative Lebensformen und Projekte kennenzulernen, und kam schließlich durch eine Freundin zu Wir bauen Zukunft (WBZ). Sie war dort als Volunteer tätig und lernte das Projekt und die Gemeinschaft kennen. Auch ich besuchte WBZ öfter und fand Gefallen an der Atmosphäre und den Menschen. Die Nähe zu Hamburg war praktisch für meine Arbeit als Fotograf, und die Idee, nicht einfach irgendwo isoliert auf dem Land zu wohnen, sondern soziale Anknüpfungspunkte zu haben, war uns wichtig. Es ergab sich vor drei Jahren schließlich die Möglichkeit, in eine WG im Umfeld von WBZ zu ziehen. Das Gesamtpaket stimmte einfach für uns.

 

Würdet ihr sagen, ihr seid in der Region richtig angekommen?

Ja, auf verschiedenen Ebenen. Wir haben hier inzwischen ein stabiles soziales Umfeld und eigene Freundschaften aufgebaut. Zudem haben wir mit Leuten aus dem Umfeld von WBZ unsere eigene kleine Gemeinschaft gegründet. WBZ wirkt wie ein Magnet und zieht viele Menschen an. Wir haben jedoch auch das Bedürfnis, uns stärker mit den Nachbar:innen und Menschen außerhalb unserer Blase zu vernetzen. Diesen Schritt wollen wir in Zukunft vorantreiben, um noch mehr in der Gemeinschaft hier zu landen.

 

Wie sieht euer Arbeitsumfeld und das eurer Gemeinschaft aus?

Unsere Gemeinschaft ist gemischt aufgestellt. Einige arbeiten remote, z.B. weil sie im Webdesign tätig und somit flexibel sind. Aurèle, ein Aufsichtsratsmitglied der Wir bauen Zukunft EG, hat mit Hauptsache Tiny ein lokales Unternehmen ins Leben gerufen und arbeitet direkt vor Ort. Ich bin als Fotograf häufig in Hamburg tätig, begleite aber auch Kund*innen in ganz Norddeutschland und arbeite flexibel von zu Hause aus. Caro ist aktuell in Elternzeit und will bald als Kinderphysiotherapeutin wieder in der Region andocken. Andere arbeiten ebenfalls vor Ort oder orientieren sich gerade neu. Insgesamt ermöglicht uns die Flexibilität der digitalen Arbeitswelt, hier zu leben und trotzdem beruflich aktiv zu sein. Gleichzeitig zeigen sich auch immer mehr Optionen direkt vor Ort. Grundsätzlich  steht natürlich oft die Frage im Raum: Wie können wir in der Pampa Geld verdienen und unseren Berufen nachgehen?

 

Solange man Internet hat?

In der Zukunft ist das Internet gut (lacht). Mittlerweile gibt es fast überall auf den Dörfern Glasfaseranschlüsse.

 

Wie würdest du die Wirkung von Wir bauen Zukunft auf die Region beschreiben?

Der Ort fungiert als Leuchtturm, der Menschen anzieht und Themen wie Nachhaltigkeit und gemeinschaftliches Leben sichtbar macht. Lokale Veranstaltungen wie Saatgut-Tauschbörsen oder Dialogräume bringen Menschen zusammen und schaffen Austausch mit der Umgebung. Auch immer mehr Firmen und Organisationen der Region suchen den Kontakt und kommen zu WBZ. Der Effekt zeigt sich auch in der Ansiedlung von Menschen, die dadurch in die Region ziehen und so der Landflucht entgegenwirken. Ohne WBZ wären viele dieser Begegnungen und Ansiedlungen wahrscheinlich nicht möglich.

 

Wie sieht deine Vision für eure Zukunft in der Region aus?

Unsere Vision ist es, hier ein friedliches, solidarisches und nachhaltiges Leben zu führen, geprägt von Verbundenheit und gegenseitiger Unterstützung. Wir wollen Offenheit und Toleranz leben und unsere Gemeinschaft als Beispiel für ein wertschätzendes Miteinander gestalten. Mein Wunsch für die Zukunft ist es, diesen Ansatz durch Vernetzung und aktive Beteiligung an gesellschaftlichen Veranstaltungen und Formaten mehr in die Region zu tragen. Ich möchte dadurch meinen Fokus auf das Positive und den Glaube an das Gute im Menschen lenken und mich nicht von besorgniserregenden politischen Entwicklungen leiten lassen.

 

Was würdest du Menschen raten, die selbst über ein Leben auf dem Land und in Gemeinschaft nachdenken?

Aus meiner Erfahrung heraus empfehle ich, Orte wie beispielsweise das WBZ erstmal kennenzulernen und die verschiedenen Formen des gemeinschaftlichen Lebens auszuprobieren. Die Art und Intensität können sehr unterschiedlich sein – ob man etwa eine eigene Wohneinheit bevorzugt oder eher gemeinschaftlich wohnen möchte. Was möchte ich wie in bestimmten Lebensbereichen teilen – oder auch nicht. Sich Zeit nehmen, verschiedene Optionen ausprobieren und dann zu entscheiden, was am besten passt, ist ein guter Weg, um die passende Gemeinschaftsform zu finden. Für uns hat das super funktioniert.