“Mehr Mut zum Wir”: Die Vision der Social Entrepreneurship City Hamburg
Ein Interview mit Corinna Bremer
Corinna Bremer ist Referentin Beratung und Co-Geschäftsführung der Social Entrepreneurship City Hamburg und macht im Gespräch mit uns deutlich: Hamburgs Sozialunternehmen bilden ein dynamisches, wachsendes Ökosystem – und die Vision reicht weit über die Stadtgrenzen hinaus.
Was genau ist eine “Social Entrepreneurship City”?
Corinna Bremer: Hamburg zeigt, wie Sozialunternehmen und Politik gemeinsam wirken können. Als erste Stadt in Deutschland haben wir eine partizipativ entwickelte Strategie fest in der Politik verankert. Kooperation und Wertschätzung stehen für uns an erster Stelle – deshalb engagieren wir uns im Forum für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen (SIGU) und arbeiten eng mit anderen Initiativen zusammen. (SIGU) und arbeiten eng mit anderen Initiativen zusammen. Unser Ziel ist es, Social Entrepreneurship als Teil der Wirtschaft zu etablieren und die ständig wachsende Szene hier vor Ort und in der Metropolregion zu stärken.
Wie ist die Social Entrepreneurship City entstanden?
Corinna Bremer: Der Weg zum offiziellen Startschuss der Social Entrepreneurship City Hamburg war lang und geprägt von engagiertem, gemeinsamen Wirken. Im Rahmen der Regionalen Innovationsstrategie Hamburgs wurde „Gesellschaftliche Innovation“ als eines der sechs Fokusfelder verankert – ein entscheidender Schritt zur institutionellen Unterstützung der Social Entrepreneurship-Bewegung. Im Sommer 2023 wurde die Hamburger Allianz für Social Entrepreneurship als Verein gegründet – mit Vertreter:innen aus der Universität Hamburg, der Körber Stiftung, der Holistic Foundation, der Behörde für Wirtschaft und Innovation, der AGFW HH, SEND e.V. und KomBüse e.V. Der SEND ist im Vorstand vertreten und stellt aktuell den Vorsitz. Mit dieser Struktur wurde eine zentrale Anlaufstelle geschaffen, um die Strategie operativ umzusetzen und das Ökosystem in Hamburg weiter auszubauen. Die vier Handlungsfelder – Strukturen schaffen, Sichtbarkeit erzeugen, Finanzierungsmöglichkeiten öffnen und Wirkungspartnerschaften etablieren – sind der Rahmen für die kommenden Jahre. Ende Februar wurde schließlich mit dem Forum ein Jahr Social Entrepreneurship City in Hamburg gefeiert. Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard unterstrich in ihrer Rede die Bedeutung von gemeinwohlorientiertem Unternehmertum für die Stadt.
Was ist das langfristige Ziel?
Corinna Bremer: Unser Ziel ist es, bis 2030 ein stabiles und nachhaltig finanziertes Ökosystem für Social Entrepreneurship in Hamburg zu etablieren. Wir wollen erreichen, dass Social Entrepreneurship als fester Bestandteil der Wirtschaft und Innovationslandschaft anerkannt wird. Dazu gehört auch, dass mehr Unternehmen und öffentliche Institutionen mit Sozialunternehmer*innen zusammenarbeiten und neue Finanzierungsinstrumente geschaffen werden, die langfristige Stabilität ermöglichen. Zudem soll Hamburg als Modellstadt für andere Regionen dienen und das Konzept der Social Entrepreneurship City über die Stadtgrenzen hinaus ausstrahlen. Die Förderzusage des Senats ist dabei ein zentraler Bestandteil, um langfristige Planungssicherheit und nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Lutz M. Birke, der Leiter des Amtes „Hafen und Innovation“ der Behörde für Wirtschaft und Innovation, hat bekannt gegeben, dass unsere Förderung bis 2030 weitergeht.
Vor welchen Herausforderungen stehen Sozialunternehmen denn aktuell? Welche Bedarfe habt ihr identifiziert?
Corinna Bremer: Ein großes Thema ist die Finanzierung. Viele Projekte sind nicht nachhaltig abgesichert, und die Monetarisierung sozialer Dienstleistungen bleibt eine Herausforderung. Neben finanzieller Unterstützung brauchen wir gezielte Beratung – etwa zu hybriden Erlösmodellen oder der Frage, wie wir wirkungsorientiert wirtschaften können. Zudem müssen wir uns immer wieder gegenüber klassischen Unternehmen erklären und legitimieren.
Und welche Ideen gibt es für neue Finanzierungsmodelle?
Corinna Bremer: Wir arbeiten an innovativen Finanzierungskonzepten. Ein spannender Ansatz ist die Nutzung nachrichtenloser Konten, wie es in anderen europäischen Ländern bereits funktioniert. Außerdem denken wir über Social Impact Bonds und andere wirkungsbasierte Finanzierungsmodelle nach. Wir freuen uns Teil des Programms Reallabor Zukunft von “Wir bauen Zukunft” zu sein und dort unsere Erfahrungen einzubringen und gemeinsam mit anderen aus der Praxis neue Wege zu erforschen und auszutesten.
Im letzten Interview mit Carolin Stüdemann von Viva con Agua haben wir viel über die Bedeutung von Kooperationen gesprochen. Wie schätzt du das für die Social Entrepreneurship-Szene ein?
Corinna Bremer: Zusammenarbeit ist essenziell! Gerade die Verbindung von Wirtschaft, Verwaltung und sozialen Akteur*innen kann neue Synergien schaffen. Durch eine bessere Kooperation mit Wirtschaftsverbänden, wie der Handelskammer, können wir Social Entrepreneurship stärker in den etablierten Wirtschaftsstrukturen verankern.
Nun seid ihr ja nicht nur Ansprechpartner für Hamburg, sondern für die gesamte Metropolregion. Welche Rolle kann “Wir bauen Zukunft” in diesem Ökosystem spielen?
Corinna Bremer: Ich halte es für extrem wichtig, dass Social Entrepreneure auch in ruhigeren, naturnahen Räumen wie bei “Wir bauen Zukunft” arbeiten können. Gerade in der oft hektischen Stadt Hamburg brauchen wir Orte der Reflexion und des Austauschs, um neue Perspektiven zu gewinnen. Die Verbindung von Stadt und ländlicher Region birgt großes Potenzial.
“Ich setze mich aus vollem Herzen für Social Entrepreneurship ein. Früher musste ich viel kämpfen, um mir meinen Platz zu erarbeiten. Heute kann ich meine Erfahrungen nutzen, um andere zu ermutigen. Mein Motto ist: “Mehr Mut zum Wir!” Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Wandel.”
(Corinna Bremer)

Das Lab zu neuen Ansätzen in der Finanzierung von Sozialunternehmen wird vom 21.-23.07.2025 stattfinden. Mehr Infos?